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Im Erzählcafé werden Erinnerungen geteilt und Verbindendes gepflegt.
Den Brunnen vor dem Tore gibt es nicht mehr, kaum irgendwo die Linde, unter der man sich treffen könnte, und selbst die Bänke vor den Häusern sind in unseren Wachtberger Orten selten geworden – in den alten Dorfkernen wie in den Neubaugebieten. Und wenn dann auch noch die „Lädchen“ von früher fehlen, wird es schwer, sich „zufällig“ zu begegnen, besonders, wenn man nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs ist wie früher.
„Früher“ ist das eine Schlüsselwort für das, was der Villiper Heimatverein im monatlichen Wechsel mit der Villiprotter Dorfgemeinschaft im „Rödder Treff“ und gemeinsam mit der Altenstube an St. Simon und Judas Thaddäus im Villiper Pfarrheim anbietet: ein Erzählcafé, bei dem die Älteren, zum Teil über Neunzigjährigen, und die „jungen Alten“ ihre Erinnerungen austauschen. In Villip finden sich zumeist „Einheimische“ zusammen, in Villiprott kommen auch viele „Dazugezogene“, die oft auch schon 40 und 50 Jahre dort leben.
Die Themen reichen vom Karnevals- über das Mai-, das Erntedank- und das Martinsbrauchtum bis in den Advent und die Weihnachtszeit; vor allem aber werden auch die Schulzeit, die landwirtschaftliche Arbeitswelt, Handwerk und Einzelhandel, Erinnerungen an den Krieg, an die Flüchtlinge und das Aufeinandertreffen von Alt- und Neubürgern thematisiert, das in vielen Fällen zu einem befruchtenden Miteinander geführt hat – in den Dorfgemeinschaften wie in den Vereinen, an denen Villip immer noch reich ist.
Wie das seit Jahrzehnten funktioniert, wird bei diesen Erzählcafés schnell deutlich: Weil viele in unseren Orten bereit sind, ihre Erinnerungen zu teilen, sich mitzuteilen, wobei jeder Nachmittag bei Kaffee und Kuchen – und manchmal auch mit Liedern und Gedichten -unterschiedlich abläuft. Das Besondere ist, dass die Erinnerungen an den grundlegenden Umbruch, den wir im „Ländchen“ mit dem Schritt in die 1950er Jahre erfahren, noch ganz frisch und abrufbar sind. Da erzählt ein Landwirt, wie er als Siebenjähriger mit dem Kaltblüter zum Ackern ins Feld geschickt wurde, ein anderer erinnert sich, wie die drei Dutzend schweren Zugpferde in den 50ern aus den Ställen verschwanden, wie der Sauerbraten noch aus Pferdefleisch bereitet wurde, die ersten Traktoren mit wenig PS Einzug in die Dörfer hielten, die Straßen geteert wurden, Neubauten entstanden, die strenge Regel, sonntags zweimal zur Kirche zu gehen, zunehmend dem Drang nach Freizeit wich. Bis zu sechs „Lädchen“ gab es damals allein in Villip, wo man „offene“ Ware kaufen konnte vom Mehl bis zu den Salzheringen aus dem Fass, von Ofenrohren bis hin zu den Farben, die der „Krämer“ im Keller nach Bedarf anrührte.
Dass diese Welt nicht nur im Villiper Heimatmuseum unter der Schule und trotz der Vervielfachung der Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten noch lebendige Erinnerung ist, erklärt manchen Interessengegensatz. Es beschreibt aber auch die vielen Chancen, die im Austausch der Erinnerungen liegen – der hier Geborenen wie auch der aus allen Teilen Deutschlands und der Welt zu uns Gekommenen. In diesem Mix liegt der Charme der guten Nachbarschaften, liegt das Verbindende, liegen die Möglichkeiten, sich füreinander und miteinander einzubringen, was neudeutsch „Integration“ heißt. Und was das eigentliche Dauerthema in den immer spannenden Nachmittagsstunden des Erzählcafés ist.
Ulf Hausmanns
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